Langsam und stabil fahren

Viele Biker meinen, sie verfügten über eine tolle Fahrtechnik, wenn sie schnell unterwegs sind. Den "wahren Könner" auf dem Motorrad erkennt man aber an seiner Fähigkeit, langsam und dennoch stabil zu fahren.

Bis zu etwa 25 km/h befindet sich ein Motorrad in einem labilen Bereich. Es kann umkippen und hat noch nicht die später einsetzende Eigenschaft, sich selber aufzurichten. Fahrphysikalisch wirken ab 20 bis 25 km/h die Kreiselstabilisationskräfte, oder Gyroskopischer Effekt bzw. Drehkreiselprinzip genannt. In Abhängigkeit von Radius, Gewicht und Gewichtsverteilung sowie Geschwindigkeit nimmt diese Kraft stetig zu, so dass ein Ausbalancieren des Mopeds nicht mehr notwendig ist. Das ist einer der Gründe, warum man intuitiv immer schnell in diesen Bereich kommen möchte.

In der Realität ist man jedoch sehr oft gezwungen, langsamer zu fahren. Im Stop-and-go-Verkehr oder im Stau, bei der Parkplatzsuche, in engen Gässchen oder auf extrem schmalen Bergstraßen. Deshalb ist das Langsamfahren auch für Profis eine wichtige Übung, die immer wieder mal auch auf Touren gemacht werden sollte.


Nutzen Sie die folgenden Übungen zum Bereich Geschwindigkeit, um Ihr Fahrvermögen kontinuierlich zu optimieren:

Am besten baut man sich aus ein paar Gegenständen oder malt mit dicken Kreidestrichen eine Fahrgasse (maximal ein halber Meter breit und 20 Meter lang), die man mit Schrittgeschwindigkeit durchfährt. Die Füße müssen dabei immer auf den Fußrasten bleiben. Bei dieser Übung greifen die Kreiselkräfte noch nicht, die Maschine neigt zum Kippen. Dieses Kippen beherrscht man am besten, wenn man im ersten Gang mit der Kupplung und der Hinterradbremse feinfühlig dosiert arbeitet. Im besten Falle arbeitet man sich in Millimeterarbeit vorwärts. Wichtig ist: Nicht mit der Vorderradbremse arbeiten. Die Hinterradbremse hat einen stabilisierenden Effekt und hält das Motorrad auf der Spur.
Im Abstand von etwa 3,5 Meter werden sechs bis acht Gegenstände oder Pylonen (die bunten Hütchen, beispielsweise bekannt von Baustellen) in einer Geraden aufgestellt. Jetzt fährt man ebenfalls in Schrittgeschwindigkeit im Slalom durch die Zwischenräume und versucht dabei, immer weit voraus zu blicken. Intuitiv wird jeder zunächst immer auf das nächste Hütchen blicken. So wird man aber das Problem bekommen, das man das nächste Hütchen nicht mehr trifft. In der Regel trägt es einen zu weit aus dem Parcours hinaus. Durch Verkleinern der Zwischenräume wird die Übung verschärft.
Beim Achtenfahren spielt die Blickführung eine noch wichtigere Rolle. Eine Acht gelingt nur, wenn man über die kurveninnere Schulter immer in die Richtung schaut, in die man gerade fährt. Dabei ist es hilfreich, das Körpergewicht vor der Wende auf die Kurvenaußenseite zu verlagern und so das Bike in die Kurve zu drücken. Achtung: Beim Kurvenfahren in Schrittgeschwindigkeit nur die Hinterradbremse benutzen. Mit der Vorderradbremse drückt es die Maschine samt Fahrer sofort zu Boden. Eine verschärfte Variante dieser Übung ist, wenn Sie bei den Wendemanövern jeweils die Fahrtrichtungsanzeige mit den Armen signalisieren. Diese Übung ist vor allem sinnvoll, wenn einmal die Blinker komplett ausfallen. Dann müssen Sie ohnehin laut Straßenverkehrsordnung einen Spurwechsel oder Abbiegen mit den Armen anzeigen.