Vorsicht: Sie kennen die Maschine nicht!

Wenn Sie das Motorrad ausreichend besichtigt und geprüft haben und keine Zweifel an der Verkehrstüchtigkeit bestehen, machen Sie unbedingt eine Probefahrt.

Aber Achtung: Gehen Sie langsam ans Werk und bedenken Sie, dass Sie die Maschine nicht kennen.

Im Idealfalle sollte der Motor kalt sein, damit Sie das Startverhalten kennenlernen. Lassen Sie sich vom Verkäufer zeigen, wie er startet. Weit verbreitet, aber heute oftmals unbekannt, ist der Choke oder auch Kaltstarter genannt, den Sie bei einem Kaltstart betätigen müssen. Nach einer Einweisung durch den Besitzer starten Sie den Motor und lauschen zunächst, ob Sie ungewöhnliche Geräusche hören. Klappern und schlagende Geräusche aus dem Motorraum sind Hinweise auf einen Motorschaden (außer bei einer Ducati; aber das ist eine ganz andere Geschichte). Geben Sie behutsam etwas Gas und achten Sie darauf, wie bereitwillig der Motor das Gas annimmt. Wenn die Maschine gleich wieder ausgeht, ist das ein Hinweis auf eine falsche Vergasereinstellung.

Wenn Sie sich nun auf eine Probefahrt begeben, legen Sie vorher die übliche Schutzkleidung an. Einfach nur einen Helm aufsetzen und Sandalen tragen, ist als Schutzkleidung auch bei einer Probefahrt nicht ausreichend. Eine Probefahrt machen Sie am besten auf einer abgelegenen Straße oder einem großen Parkplatz ohne Verkehr. Fahren Sie behutsam an und ertasten Sie den Schleifpunkt der Kupplung. Wenn Sie am Schleifpunkt ein leichtes Ruckeln spüren, ist dies ein Hinweis auf eine verschlissene Kupplung. Beschleunigen Sie nun behutsam auf Tempo 30 und betätigen Sie dann vorsichtig die Bremsen. Wenn die Maschine seidig weich abgebremst wird, beschleunigen Sie wieder, nun auf Tempo 50, und bremsen Sie erneut ab. Bemerken Sie ein Ruckeln in den Bremsen, ist dies ein Zeichen für eine ungleichmäßig abgefahrene Bremsscheibe. Übrigens muss man es einer Bremsscheibe nicht gleich ansehen, wenn sie einen vertikalen oder horizontalen Schlag, also eine Unwucht, hat. Deshalb fahren Sie ja auch zur Probe, weil Sie den Zustand eines Motorrades im wahrsten Sinne des Wortes nur erfahren können.

Wenn Sie Vertrauen zu Ihrer neuen Maschine aufgebaut haben, können Sie sich in den Verkehr wagen. Bringen Sie nun zunächst den Motor auf seine Betriebstemperatur. Achten Sie auf das Motorgeräusch und auf die Beschleunigung. Gibt es irgendwo ein Leistungstief, oder hören Sie in einem bestimmten Drehzahlbereich komische Geräusche? Bemerken Sie manchmal Vibrationen? Das müssen alles keine Anzeichen für einen Schaden sein. Viele Motorräder haben ihren "eigenen Rhythmus". Vibrationen und Schwingungen sind häufig normal und treten in einem bestimmten Drehzahlbereich auf. Sprechen Sie den Verkäufer darauf an. Besser noch informieren Sie sich vorher in einem Markenforum im Internet über die Besonderheiten Ihres Motorrades.

Wenn Sie den Motor auf Betriebstemperatur gebracht haben, fahren Sie unbedingt ein kurzes Stück über die Autobahn und fahren Sie die Maschine mindestens 130 km/h schnell. Wenn Ihnen nun Pendelbewegungen oder ein Schlingern der Hinterradschwinge auffallen, kann dies ein Hinweis auf eine schadhafte Gabel oder ausgeschlagene Stoßdämpfer am Hinterrad sein. Ebenso könnte das Lenkkopflager einen Schaden haben. Diese Schäden spüren Sie besonders gut bei schneller Fahrt über Bodenwellen und Spurrillen in einer langgestreckten Kurve.

Wichtig ist bei einer Probefahrt, dass Sie zu dem Fahrzeug schnell Vertrauen aufbauen können. Stimmt die Sitzposition für Sie, kommen Sie auch mit beiden Füßen auf den Boden? Haben Sie ein sicheres Gefühl beim Fahren?

Fahren Sie zum Abschluss noch einmal auf einen Parkplatz und machen Sie einfache Handlingübungen. Fahren Sie im Kreis, drehen Sie Achter; machen Sie ein paar Übungen, die Sie noch von der Fahrschule her kennen. Wenn Sie sich sicher sind, dass Sie gerade Ihr künftiges Motorrad gefahren sind, treten Sie in konkrete Kaufverhandlungen ein.